Begleittexte
Der
Wasserturm vom Prenzlauer
Berg
Von
Gabriele Trillhaase - Jahr: 1998
Dieses Bild gehört zu einer Reihe von Reproduktionen
meiner Lederbilder. Es ist
ein hochwertiger Digitaldruck auf synthetischem, lichtechtem
und wasserfestem
Stoff.
Auf dem Original (gleiche Größe) habe ich
mit einer Aale in das Leder geritzt. Der
besondere Charakter des Leders und der Farben konnte
wunderbar auf den Stoff
übertragen werden.
Die kleinen Figuren sind die „Trillis“.
Sie unterscheiden sich nur durch die Symbole
auf ihren Köpfen.
Für die helle Fläche auf dem Original habe
ich Pergament verwendet.
Zum Bild:
von 1997 bis 2005 lebte ich in Berlin und davon acht Jahre im
Prenzlauer Berg.
Dieses Bild erzählt von dem Beginn meiner Leidenschaft zu den
Caféhaus-
Stühlen, die ich bis heute noch mit Leder gestalte.
Direkt am Wasserturm existiert ein Restaurant mit dem Namen
„Wasserturm“. Bei einem Besitzerwechsel wurden die
alten
Bugholzstühle aus der Gründerzeit zum Kauf angeboten.
Es war
wahnsinnig, aber ich kaufte alle 45 Stück auf. Irgendwie
schaffte
ich es auch, sie in meinem 50qm großen Atelier
unterzubringen. Sie mussten alle gereinigt, geschliffen und
neu
gebeitzt werden, bevor ich sie mit Leder zu kleinen Kunstwerken
verwandelt habe.
Der Wasserturm Prenzlauer Berg ist der älteste Berliner
Wasserturm
(Bauzeit 1875-1877). Nach dem Prinzip der kommunizierenden
Röhren
diente er zur Versorgung des rasch anwachsenden Arbeiterbezirkes mit
Wasser. Er hat eine bewegte und nicht immer gute Geschichte. Heute
befinden sich im Turm acht Wohneinheiten.
Die Quartiere um den Wasserturm und am Kollwitzplatz sind nach dem Fall
der Mauer sehr schnell modernisiert worden. Die große Anzahl
von
neuen Restaurants und Geschäften zog viele junge Leute an. Es
entwickelte sich dort ein regelrechter Baby-boom. Das war in dieser
Zeit einzigartig in Europa.
Heute lebe und arbeite ich in Weimar, nahe meiner Heimatstadt Erfurt,
habe aber immer noch einen Koffer in Berlin.
Havanna I
von
Gabriele Trillhaase - Jahr: 1997
Dieses Bild
gehört zu einer Reihe von Reproduktionen meiner
Lederbilder.
Es ist ein hochwertiger Digitaldruck auf synthetischem
Material. Das
Bild ist lichtecht und wasserunempfindlich.
Auf dem Original habe ich die Linien mit einer Aale
in das Leder
geritzt. Der besondere Charakter des Leders und der
Farben konnte
wunderbar auf den Stoff übertragen werden.
Die kleinen Figuren sind die „Trillis“.
Sie unterscheiden sich nur
durch die Symbole auf den Köpfen. Als Trilli mit dem
Ginkgo bin ich
selbst auf dem Bild zu finden.Die hellen Flächen
sind im Original
Pergament.
Havanna
II
Zum Bild:
Im Februar 1995 fuhr ich mit einer Malerin nach Havanna. Wir
hatten
uns eine private Unterkunft besorgt, um mehr über
das Leben der
Menschen zu erfahren.
Tagelang zogen wir durch die Straßen und
Hinterhöfe und erlebten
auch, dass eine alte Band nur für uns spielte.
Der Dollar hatte schon die Macht bekommen. Das Liebste
für die
Cubaner bekam man nur mit Dollar: Torten für die
Frauen und
Benzin für die Männer und ihre uralten
Autos.
Wir konnten uns mit den Dollars in abgesperrte Restaurant und
Hotels zurückziehen.
Im Mittelpunkt des Bildes steht das Capitol, dass wenigstens
architektonisch an die Verbundenheit mit den USA erinnert.
Was die
Pioniere nun wirklich mit dem Bild von Ernesto Che Guevara
machen, ist offen.
Die Tabakfabrik nimmt einen großen Raum ein. Den Frauen wird
beim
drehen der Zigarren Geschichten vorgelesen, damit die Sehnsucht und die
Freude mit hineingewickelt wird. Für mich war es ein
Vergnügen, abends im
Schaukelstuhl auf dem Balkon unserer Wohnung mit einer guten
„Havanna“und einem 7 Jahren alten Rum in
die Musik
dieser Stadt einzutauchen.
Links auf dem Bild ist ein Schachbrett mit wild
gestikulierenden
Menschen (Trillis) darauf. Diese hatten wir in Havanna erlebt und
erfuhren, dass es in Cuba verboten war, sich auf der Straße
sich
zu versammeln, außer man spricht laut über Sport.
Die
Menschen nutzten solche Art Treffen dennoch, um Informationen
auszutauschen.
Im Februar fand der Karneval statt. Eine Flasche Rum
ermöglichte
uns einen guten Platz an der Straße und wir konnten den
ganzen
Umzug hautnah miterleben. Zwei Frauen allein in Havanna...das
kann nicht gut
gehen.
Wir schlossen uns mit einem alleinreisenden Engländer
zusammen,
was uns ermöglichte, unbehelligt abends durch die
Straßen zu
ziehen.
Die Uferpromenade (Malécon) ist auf dem Bild links unten zu
sehen. Einer der schönsten Plätze von Havanna ist der
Plaza
de la Catedral. Dort saßen wir oft hinter der
„Dollarmauer“ (rechts im Bild) und erlebten die
temperament-
vollen, wunderschönen Cubanerinnen in ihrem Element.
Wenn es eine Faszination des Verfalls gibt, so erlebte ich sie in
Havanna.
Auf diesem Bild konnte ich nur einen kleinen Teil von den vielen
Eindrücken der Stadt in meine Bildsprache umsetzen. Ich hoffe,
es
erinnert die, die schon einmal dort waren, und es lockt die
anderen, Havanna zu besuchen.
Man sollte seine Augen fest schließen, bevor man nach Cuba
fährt und sie dort erst wieder aufmachen, als täte
man es das
erstmal in seinem Leben.
Bundespressekonferenz
und ihre Vorgärten
von
Gabriele Trillhaase - Jahr: 2001
Dieses Bild gehört zu einer Reihe von Reproduktionen
meiner
Lederbilder, speziell der Städtebilder. Es ist ein
hochwertiger
Digitaldruck auf synthetischem, lichtechtem und wasserfestem
Stoff.
Auf dem Original (100x100 cm) sind die Linien mit
einer Aale auf
das Leder geritzt. Der besondere Charakter des Leders und die
Farben konnten wunderbar auf den Stoff
übertragen werden.
Die kleinen Figuren sind die „Trillis“.
Sie unterscheiden sich nur
durch die Symbole auf ihren Köpfen. Als Trilli mit
dem Ginkgo-Blatt
bin ich selber auf dem Bild zu finden.
Zum Bild:
Dieses Bild entstand 2001 und stellt das Gebäude der
Bundespressekonferenz in Berlin am Schiffbauerdamm dar. Hier
werden mehrmals wöchentlich die Bundesministerien zu
Pressekonferenzen vor inländischen und ausländischen
Journalisten gehalten.
Vor dem Bau dieses Hauses war dort das
„Niemandsland“ der Berliner Mauer.
Der Aktionskünstler Ben Wagin pflanzte dort gleich nach dem
Fall der Mauer
gemeinsam mit Persönlichkeiten aus Politik und Gesellschaft in
einer einzigartigen Aktion Bäume. Heute ist davon noch das
„Parlament der Bäume“ mit einem kleinen
Mauerstreifen
direkt neben der Bundespressekon-ferenz erhalten. Ben Wagin ist im Bild
zweimal dargestellt: links neben dem Hochzeitspaar und in der Mitte vor
dem Olivenbaum. Durch die Freundschaft mit ihm und die gemeinsame Liebe
zu dem Ginkgo-Baum war ich oft an dieser Stelle und erlebte den Bau
dieses Hauses.
Kurz vor der Fertigstellung des Gebäudes heiratete der
Bauleiter Jürgen
Egerer dort zwischen den Mauerstreifen seine Frau Christine. Der
Schauspieler Hilmar Baumann rezitierte Worte von Friedrich
Schiller, Schulkinder pflanzten Bäume und ich war
auch
dabei, als die aufgeregte Standesbeamtin bei Vogelgezwitscher, das von
einer CD stammte, die Ehe schloss.
Auf dem Bild wird der lichtdurchflutete Innenraum auf eine
große
Leinwand an die Hauswand projektiert. Die breite Treppe führt
zum
Konferenzsaal. Ein alter Geist spukt und erinnert an den
Wachturm, der dort stand und von dem aus der erste Mensch nach dem Bau
der Mauer bei einem Fluchtversuch erschossen wurde. Die Linie auf dem
Boden des Atriums markiert den Verlauf
der Mauer . Ben Wagin versucht auf meinem Bild eine Gedenktafel dort
anzubringen, was aber nicht durch das Architektenpaar erlaubt
wurde.
Sie stehen wie zwei Wachposten vor der Eingangstür
.
Links unten:
Die Berliner Arche für die klugen Berliner Köpfe wird
zu Wasser gelassen und Marlene Dietrich schaut freundlich zu.
Links oben:
Die Bauarbeiterversorgung (BVA) lockt den vorbeireitenden Kronprinzen,
nach dem die Brücke über die Spree benannt wurde, mit
einer
Bulette.
Der Journalist Hort Stern hat sich auf einen Stern
zurückgezogen
und denkt. „Und wieder jagen sie eine Sau durch das
Dorf,
dass Deutschland heißt“.
Rechts oben:
Die BSE-Krise tobt. Karl Marx steht auf einer Wolke und wirbt
für sein Buch
„Das Kapital“. Das Kalb „Otto“
steht auf der
Seucheninsel Riems und freut sich, ein Star der Medien zu sein.
In Berlin entstehen die ersten Journalistenkreise. Man gibt
sich
Namen, wie z.B. „Die Millionäre“. Die Zeit
rennt und
rennt dem König Leser (auf dem Dach sitzt) hinterher.
Nach zehn Jahren hat sich allerhand verändert, doch
das
Parlament der Bäume steht noch Dank Ben Wagin`s
unermüdlichem Einsatz. Die gepflanzten Ginkgo-Bäume
tragen
schon Früchte. Das bedeutet Hoffnung für diesen Ort.
Das Original des Bildes ist im Besitz der Bundespressekonferenz. Leder
ist ein Naturmaterial und mein Bild hat sich verändert. Es hat
PATINA angesetzt.
„PATINA ist
das, was die Zeit den Dingen schenkt, wenn man sie
lässt“. G.T.
Tafelrunde von Schloss Liebenberg
Dieses Bild entstand im Sommer 2005, als ich mit mehreren Künstlern einen Sommer auf Schloss Liebenberg, oberhalb von Marienburg verbrachte, um dort zu arbeiten. Die bewegte Geschichte dieses Ortes habe ich versucht, auf meine Weise zu erzählen.
In der Zeit des Kaiser Wilhelm fanden dort die “Tafelrunden” statt. Man ging zur Jagd und lebte von den Einnahmen der Landwirtschaft bzw. der Viehzucht. Der Rahmen des Bildes stammt vom ehemaligen Inspektorhaus, das als ältestes Fachwerkhaus im Landkreis Gransee gilt. In diesem Haus war mein Sommeratelier.
In der DDR - Zeit war Liebenberg bzw. das Schloss ein Vorzeigegut der Landwirtschaft. Der heutige Besitzer ist eine Bank.
Berlin +
Berlin = Berlin (Berlin I)
von Gabriele Trillhaase -
Jahr: 1998
Dieses Bild gehört zu einer Reihe von Reproduktionen
meiner
Lederbilder.
Es ist ein hochwertiger Digitaldruck auf synthetischem,
lichtechtem
und wasserfestem Stoff.
Auf dem Original (100x100 cm ) habe ich die Linien mit einer
Aale in
das Leder geritzt. Der besondere Charakter des Leders und der
Farben konnte wunderbar auf den Stoff übertragen
werden.
Die kleinen Figuren sind die „Trillis“.
Sie unterscheiden sich nur
durch die Symbole auf den Köpfen. Als Trilli mit dem
Ginkgo bin ich
selbst auf dem Bild zu finden. Die hellen Flächen
auf dem Original
sind aus Pergament.
Zum Bild:
1987 bin ich von Erfurt nach Ost-Berlin gezogen und wohnte dort 18
Jahre in
Pankow, Prenzlauer Berg und in Berlin-Mitte. Unmittelbar erlebte ich so
diesen riesengroßen Umbruch nach dem Fall der Mauer.. Dieses
Bild
habe ich 1998 gemalt. Die Mauer ist noch überall sichtbar und
auch
noch in den Köpfen der Menschen erhalten. Die
deutsch-deutschen
Liebesbeziehungen sind neben den Geschäftsbeziehungen die
eigentliche Wiedervereinigung.
Rechts sitzt auf dem Fernsehturm die alte preußische
Königin
und strickt die Spree zusammen. Darunter ruft Erich Mielke seine
berühmt gewordenen Worte: „Ich liebe euch doch
alle“
in die Welt.
Die Spreenixe muss viel Kraft aufwenden, um die Balance zwischen den
„Bananen“ und dem Sozialpaket zu halten.
Am Fuß des Fernsehturms diskutieren Karl Marx und
Friedrich
Engels über die Bedeutung der Banane für das
Ost-Berliner
Proletariat.
Links unten wird gerade wieder das Denkmal vom „Alten
Fritz“
in der Straße Unter den Linden aufgestellt. Lange
Zeit
wurde es vor den DDR-Bürgern von der Arbeiter- und
Bauern-Regierung versteckt.
Rechts oben sitzt Käthe Kollwitz auf dem Kollwitzplatz und
schaut
auf die vielen neuen Restaurants und die dort immer mehr
werdenden Kleinkinder.
Daneben steht die Weltzeituhr und ist wie eh und je der
Treffpunkt auf dem Alexanderplatz.
In der unteren Hälfte des Bildes (Mitte) gibt es noch die
Riesenbaustelle vom Potsdamer Platz. Die Baugruben waren mehrere
Stockwerke tief. Man konnte den Arbeitern zuschauen. Es wird behauptet
, dass zu dieser Zeit mehr Rechtsanwälte auf den Baustellen
waren,
als Bauerbeiter. Auch Berlin wurde wie andere Städte
(z.B.
St. Petersburg und Weimar) in einem Sumpfgebiet erbaut. Das
war
für die Ingenieure und Architekten eine große
Herausforderung.
Über dem Brandenburger Tor steht ein Stück Mauer, das
durch
ein Tor mit Büchern führt. Es symbolisiert die
Bundestagsbibliothek im neu errichteten
Marie-Elisabeth-Lüders-Haus am Schiffbauer Damm.
Das Stück Mauer stammt vom „Parlament der
Bäume“. Der Aktionskünstler Ben Wagin
pflanzte direkt
nach der Öffnung der Mauer gemeinsam mit Politikern und
anderen Persönlichkeiten der Stadt auf dem
Mauerstreifen am
Schiffbauer Damm Bäume. Er machte sie damit zu Baumpaten. Ben
Wagin ist es zu verdanken, dass dieses Kunstobjekt bis heute eine
Bebauung verhindert hat und somit ein Stück Mauer auch
erhalten
blieb. Neben dem „Parlament der Bäume“
steht
eigentlich das Haus der Bundespressekonferenz. Über dieses
Gebäude habe ich ebenfalls ein Bild geschaffen.
Durch die Freundschaft mit Ben Wagin und unserer gemeinsamen
Liebe zum Ginkgo-Baum war ich sehr viel auf diesem Gelände und
konnte die großen Veränderungen miterleben.
In der Mitte des Bildes steht stolz das Reichstagsgebäude als
Sitz
des Deutschen Bundestages in Berlin, auf das gerade mit einem Riesenkran
die gläserne Kuppel gesetzt wird. Berlin hat diese
Attraktion dem Architekten Sir Norman Forster zu verdanken.
Sie
ist ein Symbol der Zukunft und für alle Menschen
über
eine spiralförmige Treppe begehbar.
Über das Reichstagsgebäude am Tag seiner
Eröffnung habe ich ebenfalls ein Bild geschaffen.
Die Schlange versinnbildlicht den großen Strom von
Menschen, die nach dem Fall der Mauer nach Berlin kamen. Unter ihnen
gab es auch die „schwarzen Schafe“, die aus ihrem
Bauch
hervorkommen.
Links neben dem Reichstag steht die Siegessäule mit
der
Siegesgöttin. Man verzeihe mir, dass ich sie auf einen Besen
gesetzt habe.
In der unteren Bildmitte ist die Straße des 17. Juni zu
sehen.
Die Damen vom Liebes- Gewerbe locken mit ihren Körpern die
vorbeifahrenden Herren.
Ich stoppe den ganzen Verkehr, damit eine
Entenfamilie
über diese breite Straße im Berliner Tiergarten
laufen kann.
Das ist eine wahre Geschichte.
Links unten wird ein Riesendöner gedreht.
Rechts steht die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche auf der der
Geist der
Geschichte mit einem großen Spiegel wacht. Die
Stadtväter
von damals entschieden sich nach langen Diskussionen gegen einen
Wiederaufbau der stark zerstörten Kirche. Sie ließen
den
Kirchturm als Ruine stehen und bauten 1963 nach den Entwürfen
von
Egon Eiermann zwei neue Gebäude
daran.
Ob die aus dem KDW (Kaufhaus des Westens) kommenden, voll beladenen
Menschen dieses Mahnmal wahrnehmen? Vielleicht noch einige von den
alten Trümmerfrauen, die auf meinem Bild die
Gedächtniskirche
stützen.
Links oben steht die Glienicker Brücke. Bis 1989 verlief genau
in
der Mitte der Brücke der Grenzstreifen zwischen der DDR und
Berlin
West. Sie trägt den englischen Spitznamen“ Bridge of
Spies“, da in der Zeit des Kalten Krieges auf ihr mehrfach
hochrangige Agenten beider Militärlager ausgetauscht wurden.
Mehr konnte ich leider nicht auf ein Stück Leder zeichnen.
Die alte Preußin wird heute immer noch auf dem Fernsehturm
sitzen
und die Spree zusammenstricken. Sie schaut
zufrieden auf
das, was sie schon geschafft hat. Wer gute Ohren hat, kann
das
Klappern ihrer Nadeln hören.
Ich habe immer noch einen Koffer in Berlin. Dies hat Marlene
Dietrich immer gesagt. Die Lieder von ihr habe ich
in der
Wendezeit gesungen.
Sie ist in Berlin-Schöneberg geboren. In meiner jetzigen
Heimatstadt Weimar hat sie als blutjunge Frau gelebt. So
schließt
sich der Kreis.
Venedig und seine tanzenden
Schornsteine
von Gabriele Trillhaase - Jahr:
2001
Dieses Bild gehört zu einer Reihe von Reproduktionen
meiner
Lederbilder.
Es ist ein hochwertiger Digitaldruck auf synthetischem,
lichtechtem
und wasserfestem Stoff.
Auf dem Original (100x100) habe ich die Linien mit
einer Aale in
das Leder geritzt. Der besondere Charakter des Leders und der
Farben konnte wunderbar auf den Stoff übertragen
werden. Die
kleinen Figuren sind die „Trillis“. Sie
unterscheiden sich nur durch
die Symbole auf den Köpfen. Als Trilli mit dem
Ginkgo-Blatt bin ich
selbst auf dem Bild zu finden.
Zum Bild:
„Wenn ich
anderes Wort für Musik finde,
fällt mir Venedig ein.“
Richard Wagner
Im Januar 1999 fuhr ich mit einem Venedig liebenden Dichter
in
diese Stadt. Für mich war es das erste Mal. Zu dieser Zeit gab
es
ein Glück nicht viele Touristen. Um so schöner war es
für mich, eingehüllt in eine dicke
Pelzjacke und mit
guten Schuhen an den Füßen, mich in den Strom der
Venezianer
zu begeben, zu laufen oder mit dem Wasserbus zu fahren.
Venedig mit all seinen Schätzen kann man nicht auf einem
einzigen
Bild darstellen. Dieses Bild habe ich den kleinsten architektonischen
Kostbarkei-
ten der Stadt gewidmet: den Schornsteinen mit ihren kleinen
Palästen auf den Schornsteinköpfen. Da in Venedig die
Erde
und somit der Wald fehlt, war Heizmaterial schon immer Luxus, den sich
nur die Wohlhabenden leisten konnten, um den Winter in den feuchten
und kalten Räumen angenehm zu überstehen.
Die Schornsteingruppe steht auf dem Palazzo Dario, der 1487 erbaut
wurde und zu den schönsten Palästen der Stadt
zählt.
Links in der Mitte steht der Dogenpalast (Palazzo Ducale). Er war
gleichzeitig Rathaus, Gericht und die Wohnung des Dogen.
Auf der Piazetta findet man die vielen Tauben, die ebenso wie die
Schätze von Venedig in den Fotoalben der Welt zu Erinnerungen
werden.
Auf der großen Gondel in der Mitte trägt eine
Venezianerin
ein Kostüm, das ich in einem Geschäft gesehen hatte.
Die
Ratten und die weißen Rosen auf dem Kleid sind ein guter
Kontrast
und passen zu der Stadt Venedig. Vielleicht hat es jemand zum Karneval
1999 in Venedig getragen.
Die Figur hält die Säule mit dem Markuslöwen
von der
Piazetta (kleiner Platz). Der Löwe gilt in Venedig als
Stadtheiliger.
An der Gondel erfolgt die Waschung der zwölf Apostel
(Gemäldeauszug).
Unter dem rechten Ärmel des Kleides sieht man die Pferde von
San
Marco. Die Venezianer raubten sie 1204 aus Konstantinopel. Es ist eine
Quadriga aus vergoldeter Bronze. Sie wurde zum Symbol der Macht des
venezianischen Staates.
In der Bildmitte fährt ein Schiff mit dem venezianischen
Kaufmann Marco
Polo nach China, oder er kommt gerade von China
zurück. Wer weiß?
Links und rechts unten sind die zwei Inseln in Form einer Dogenkappe zu
sehen. Die Venezianer verbannten alles, was ihnen unangenehm und
gefährlich war, auf die umliegenden Inseln: die Toten, die
Geisteskranken, die Quarantänestationen, die verseuchten
Menschen,
die Schiffswerften, die Schießpulverfabriken und die
Glasbläser.
Der Text auf der rechten Insel, der Toteninsel, stammt von
dem
Bild „Markuslöwe“ von Vittore Carpaccio.
Er bedeutet,
dass ein Engel das „Heilige Venedig“ als Ort seiner
höchsten Verehrung angekündigt hat.
Der Text auf der linken Insel, der Insel der Geisteskranken,
gehört zu dem maskenhaften
„Löwenmaul“, auch
Bocca del Leone genannt, der an der Wand am Dogenpalast
hängt. Es ist ein anonymer Briefkasten, bei dem das Maul einen
Schlitz hat für die Aufnahme von Anzeigen und Beschwerden an
die
Stadtverwaltung. Dem Missbrauch war dieses Maul jedoch auch weit
geöffnet. Die Briefkästen gab es in der ganzen Stadt.
Der Text bedeutet:“ Geheime Denuntionen gegen diejenigen, die
Gefallen und Pflichten verheimlichen, oder sich im Geheimen absprechen,
um derer wahren Gewinn zu verbergen.“
Links neben dem Dogenpalast ist die Seufzerbrücke (Ponte de
Sospiri), die die Räume der Untersuchungsrichter mit dem
Gefängnis verbindet. Von dieser Brücke aus
gelang einst
Giacomo Casanova, der 1755 wegen Spionagetätigkeit in die
Bleikammern des Dogenpalastes eingesperrt wurde, eine
spektakuläre
Flucht. Die Geschichte dieser Flucht gab er später
selber unter dem Titel „Historie de ma
fuite“in Prag
heraus.
Über der Brücke habe ich das Bildnis des Dogen
Leonarde
Loredan (1501) von Giovanni Bellini nachempfunden. Ich habe es an den
Kirchturm von San Marco, den Campanile, gehängt. Auf der
Spitze
steht der Erzengel Gabriel.
Dieser Turm, an dem mehrere Generationen gebaut hatten,
stürzte am
Morgen des 14. Juli 1902 ein. Es gab wie ein Wunder nur zwei Tote. Das
waren eine Katze und ein Fischer. Der Fischer, so erzählt die
Geschichte, kam wie jeden Morgen von seinem Fischfang zurück
und
fand seinen Orientierungspunkt, den Campanile, nicht mehr. Er bekam
einen Herzschlag und starb. Die Katze und der Fischer erhalten von mir
einen Grabstein auf dem Bild. Der Turm wurde in wenigen Jahren wieder
aufgebaut.
Die Zeit frisst und frisst an den Mauern der Stadt.
Über den Uhren steht die Figur des MEDICO INDUSTROSO. Es ist
der
Pestarzt mit der Vogelmaske, in deren Schnabel schützende
Kräuter lagen.
1575 wütete die Pest in Venedig und forderte 50.000
Menschenleben. Zuvor lebten dort 200.000 Menschen. Die Stadt
war damals überbevölkert. Manche todkranke
Menschen
starben schon vor Schreck beim Anblick der Ärzte mit ihren
Vogelmaskenmasken. Die zweite Pestwelle wütete
1629/30. Als
Dank für das Ende der Pest wurde 1687 die Kirche Santa Maria
della
Salute mit einer weit sichtbaren Kuppel errichtet. Sie steht
direkt an der Mündung des Canale Grande (bei mir rechts im
Bild).
Über dem Portal hängt das
angedeutete
Gemälde „Neptun überreicht Venedig seine
Gaben“
von Giovanni Batista Tiepolo .
Neben der Kirche sitzt die Galeristin und Kunstsammlerin Peggy
Guggenheim
(1898-1979) mit ihrer markanten Sonnenbrille und hält das
Gemälde von Pablo Picasso „Am Strand“ in
den
Händen. Ihr Haus, der Palazzo Venier de Leoni, ist heute ein
öffentliches Museum und wunderschön, wie ganz Venedig.
Alles andere überlasse ich der Phantasie.
Etwas zur Geschichte:
Um das Jahr 452 wurden die Menschen von der Adria durch den
Hunnen-König Attila vertrieben. Sie retteten sich in
die
Sümpfe der Lagune. Die Menschen, die dort die Malaria
überlebten, sind die Vorfahren der Venezianer, ein
großes
und kühnes Geschlecht, das seine Stadt auf Eichen-
stämmen errichtete. Als Seefahrer und Kaufleute brachten sie
über Jahrhun-
derte unschätzbare Reichtümer in die Stadt.
Die Pest brachte schlechte Zeiten. Unter dem Motto „Je
schlechter
die Zeiten, desto mehr wird gefeiert“, schafften es die
Venezianer als Anpassungskünstler
eine neue Quelle des Reichtums aufzubauen: den Fremdenverkehr.
Durch den Karneval, der mehrere Monate dauerte, ging ein verlockender
Ruf in die Welt.
Goethes Vater sagt dazu:
„Die ganze Stadt taucht derart trunken und hemmungslos ein in
ein törichtes
Vergnügen, dass mir tatsächlich übel
geworden vor lauter
Staunen und Entsetzen.....den Frauen muss man es wahrlich verzeihen,
denn die meiste Zeit sind sie zu Hause.“
Doch dann besetzte Napoleon und später die
Österreicher
Venedig und es wurde ruhiger. Erst nach dem verlorenen Krieg
Österreichs gegen Preußen und dem Abzug der
Österreicher konnte der Fremdenverkehr wieder
erblühen. Es
entstanden unzählige Cafés, Hotels, Theater und
Spielhöllen. In dieser Zeit entwickelte sich ein Romatizismus,
der
besonders Künstler, Hochzeitspaare, aber
auch
Todessüchtige anzog.
Friedrich Nietzsche schrieb:
„Aber hundert
tiefe Einsamkeiten bilden die Stadt Venedig - dies
ist ihr Zauber.“
Richard Wagner starb 1883 in den Armen seines Leibgondolieres Luici in
Venedig.
Rainer Maria Rilke schrieb eine wunderschöne Geschichte
über
das Ghetto von Venedig, wo die Juden aus ihrer Not heraus
immer
höher bauten, um Platz für die rasch anwachsende
Bewohnerzahl
des Ghettos zu bekommen. Die Wände der oberen Stockwerke waren
so
dünn, dass der Wind durchpfiff.
Man findet diese Geschichte in den „Geschichten vom lieben
Gott“ von
Rainer Maria Rilke.
Zum Glück gelang es den Futuristen um 1919 nicht, Venedig,
„die verdorbene Krämerseele“,in eine Stadt
mit
zugeschütteten Kanälen und stählernen
Brücken zu
verwandeln. Der Charakter einer Industriestadt blieb ihr erspart.
Heute beherrscht der Massentourismus die Stadt, der Segen und Fluch
gleichzeitig ist. Viele Venezianer können sich nicht mehr die
Mieten leisten und werden nun wieder zu Vertriebenen. Sie ziehen zum
wohnen auf das Festland nach Mestre.
In Venedig gibt es keine Autos, keine Fahrräder, keine Vespas.
Man
läuft, fährt mit der Gondel oder dem Vaporetto, dem
Wasserbus
und benutzt Schubkarren.
Das macht diese Stadt einzigartig.
Möge Venedig ewig sein.
Wir haben schon ein Atlantis
und ein Vineta.
St.
Petersburg
von
Gabriele Trillhaase - Jahr: 1998
Dieses Bild gehört zu einer Reihe von Reproduktionen
meiner
Lederbilder.
Es ist ein hochwertiger Digitaldruck auf synthetischem,
lichtechtem
und wasserfestem Stoff.
Auf dem Original (100x100) habe ich die Linien mit einer Aale
in das
Leder geritzt. Der besondere Charakter des Leders und der
Farben
konnte wunderbar auf den Stoff übertragen werden.
Die kleinen Figuren sind die „Trillis“.
Sie unterscheiden sich nur
durch die Symbole auf den Köpfen. Als Trilli mit dem
Ginkgo-Blatt
bin ich auch auf dem Bild zu finden. Die hellen
Flächen auf dem
Original sind aus Pergament.
Zum Bild:
Im September 1995 bin ich mit einer Malerin nach St.
Petersburg
gefahren, Um nicht nur die Stadt, sondern auch die Menschen und ihre
Lebensumstände kennen zu lernen, mieteten wir uns ein Zimmer
bei einer alleinerziehenden Frau , die mit ihrem
8-jährigen
Sohn in einer tristen Vorstadt-Beton-Siedlung wohnte (links unten auf
dem Bild).Unsere Wirtin, die schöne Olga, habe ich sitzend auf
einem der Hochhäuser dargestellt. Auf der Leiter trommelt ihr
Sohn. Die wenigen Autos standen meistens in einem abgezäunten
Areal und wurden bewacht. Die Autobesitzer, die sich das nicht leisten
konnten, schraubten alle leicht entfernbaren Teile am Abend
ab
und trugen sie nach Hause, um sie am Morgen wieder anzubauen.
Wir sahen die wunderschönen Petersburger Frauen abends nach
der
Arbeit aus ihren Bussen steigen, um in den trostlosen
Hochhäusern zu verblühen. Ganz wenige
Balkone
hatten Blumenschmuck.
Den größten Raum auf dem Bild nimmt das
große Eisentor
vom Winterpalais ein. Russland öffnet sich nach 70 Jahren
sozialistischen Monokultur.
Am Tor hängen symbolisch Bilder aus der Eremitage
(Fingerabdruck
auf Pergament.) Den Köpfen habe ich goldene Heiligenscheine
gemalt. Die Petersburger hatten begonnen, mit viel Liebe ihre
zerfallenen und missbrauchten Kirchen wieder herzustellen.
Die zwei Figuren im oberen Bild verkörpern die LIEBE und die
HOFFNUNG.
Das braucht das Land nach seiner langen, schweren Geschichte.
In der linken, oberen Ecke steht ein Jugendstilhaus, das immer noch ein
Kaufhaus ist.
Diagonal durch das Bild fließt die Neva. Links unten kommt
Zar
Peter der Große von einer seiner Reisen zurück. Die
Pioniere
mit ihren roten Halstüchern stehen Spalier. Die Zeit steht
kurz
still.
St. Petersburg wurde in einem Sumpfgebiet errichtet, was viele
Menschenleben gekostet hat. Sie werden unter der Basilika von mir
gewür-
digt. Im rechten Tor ist der Eingang zur Eremitage zu sehen. Die
Menschen strömen auf einen starken Mann zu, dem
„Väterchen“ sagen. In Russland sagte man
„Väterchen“ sowohl zu Gott als auch zum
Zaren.
⁃ Ein oft
gebrauchtes Wort in
Russland ist „druschba“ und bedeutet
„Freundschaft“. Es steht im
Triumphbogen in
der oberen Ecke, der
auf einer großen Ausfall- oder Einfallstraße steht.
⁃ Alles
andere erzählt die Phantasie des Betrachters.
Kassel
von
Gabriele Trillhaase - Jahr: 2002
Dieses Bild gehört zu einer Reihe von Reproduktionen
meiner
Lederbilder.
Es ist ein hochwertiger Digitaldruck auf synthetischem,
lichtechtem
und wasserfestem Stoff.
Auf dem Original (100x100) habe ich die Linien mit einer Aale
in das
Leder geritzt. Der besondere Charakter des Leders und der
Farben
konnte wunderbar auf den Stoff übertragen werden.
Die kleinen Figuren sind die „Trillis“.
Sie unterscheiden sich nur
durch die Symbole auf den Köpfen. Als Trilli mit dem
Ginkgo-Blatt
bin ich auch auf dem Bild zu finden. Die hellen
Flächen auf dem
Original sind aus Pergament.
Das Bild „Warum gerade Kassel ?“ entstand als
Anregung
von Frau Dagmar Christoph, die in der Königsgalerie
das
Geschäft „Ginkgo“ betreibt. Sie stellte
dieses Bild
während der documenta 11 in ihrem Geschäft
aus.
Das Bild besteht aus vier Schwerpunkten:
⁃ die
Stadt mit ihren Gebäuden und ihrer Geschichte,
⁃ die
documenta
⁃ der
Ginkgo-Baum
⁃ meine
persönliche Beziehung zu Kassel.
In der Mitte des Bildes steht das Fridericianum. Es ist das
älteste, öffentliche Museum Europas. Der Landgraf
Friedrich
II steht unten auf dem Sockel.
Die Siegertreppe auf dem Dach deutet darauf hin, dass in der Stadt
viele Superlative zu finden sind, so auch das erste
öffentliche
Theater „Otteneum“ (rechte Bildmitte).
Das Hildebrandlied als ältestes Zeugnis deutscher Sprache
hängt mit Auszügen daraus rechts und links
über dem
Fridericianum.
Weiterhin gibt es den größten und
schönsten
Bergpark Europas (oberer Bildmitte) mit den Wasserspielen,
dem
Herkules und dem von ihm abgeschlagenen Kopf eines Giganten.
Das Vermessungswesen wurde in Kassel erfunden. Es gab das erste
Entbindungsheim für ledige Mütter (linke Bildseite).
Weiterhin gab es das erste anatomische Institut Deutschlands mit dem
Goethe-Elefanten, die älteste Wagendarstellung Europas (oberer
Bildmitte), Europas erste, fest eingerichtete Sternwarte (links oben im
Bild), die Ursprünge der Dampfmaschine (links unten), die
Erfindung des Sicherheits-schlüssels und Deutschlands einziges
Tapetenmuseum mit einem ganzen Raum voller wunderbarer Ledertapeten.
Das Haus der Gebrüder Grimm mit ihrem Malerbruder Ludwig Emil
Grimm findet man auf der rechten Bildseite.
Leider konnte ich nicht alles darstellen, was Kassel
einzigartig macht.
Man sagt von Kassel, dass viele bedeutende Leute nach Kassel kamen,
dort große Werke geschaffen haben und dann wieder gegangen
sind,
aber viele blieben auch.
Warum gerade Kassel und warum nicht?
Einer der ältesten Ginkgo-Bäume Deutschlands steht im
Bergpark Wilhelmshöhe (links oben). Eigentlich sind es drei
Bäume, die vor dem ältesten Glas-Gewächshaus
stehen. Der
eine Baum wird durch dicke Metallstäbe gestützt, da
an der
Stelle das Innere des Stammes verfault war. Der Saftstrom gelangt durch
die Baumrinde zu den Blättern und der Baum bedankt sich somit.
Als
ältester Baum der Welt ist der Ginkgo biloba ein Symbol der
Hoffnung u.a.m..
Das Ginkgo-Blatt verwende ich seit 1989 sehr
vielgestaltig in meinen Arbeiten.
Für mich es zum Symbol der Versöhnung mit der tiefen
Gespaltenheit des Seins geworden.
Warum ist gerade Kassel der Ort der documenta geworden?
Die Antwort findet man in der Geschichte der Stadt. Schwere
Bombenanschläge zerstörten auch das Fridericianum und
einen
großen Teil der Bibliothek. Es war
Professor Arnold
Bode, der nach dem Ende des 2. Weltkrieges in den Ruinen des
Fridericianum die Kunstwerke ausstellte, die einer ganzen
Generation vorenthalten wurden, da sie als entartete Kunst
von
den Nationalsozialisten aus der Gesellschaft entfernt wurden.
Professor Arnold Bode ist der Begründer der documenta. Einige
Werke aus anderen documenta-Jahren sind auf meinem Bild zu sehen, wie
das Traumboot, der Erdkilo-meter (Kassler Loch), der Daumen, das Rad,
die Spitzhacke, der Himmelsstürmer, der Hase, der Fettfleck
von
Josef Beuys und einige seiner 7000 Eichen.
Der „Rahmen“ ist zum Kino geworden.
Die fünf Plattformen der documenta 11 werden in das
Fridericianum
getragen und der künstlerische Leiter Okwui Enzwezor steht im
Fenster des Fridericianums und zählt immer wieder
neu bis
fünf.
Rechts oben im Bild sind einige wichtige Menschen versammelt,
die
einst zu ihrem Wohl oder zu ihrem Leid in der Stadt Kassel herrschten.
Auf dem roten Teppich kommt nun endlich SIE mit dem goldenen
Schlüssel der Weisheit und der Friedenslilie. Der alte Butt
steht
(schwimmt) ihr mit seinem Ur-
wissen Rat gebend beiseite, wodurch neue Wunderwerke möglich
werden können.
In der linken, unteren Ecke habe ich die fast lebenslange Freundschaft
meiner
Familie mit einer Arbeiterfamilie aus Kassel-Oberzweren
verewigt.
Von ihnen bekamen wir die ersehnten „Westpakete“
mit dem
Duft von Jacobs-Kaffee und guter
mit Milka-Schokoladenduft und das DDR-Leben wurde mit einer Sehnsucht
versüßt.
Darum gerade Kassel!
Was wäre
wenn…? Erfordia turrita
von
Gabriele Trillhaase - Jahr: 2013
Dieses
Bild gehört zu einer Reihe von Reproduktionen meiner
Lederbilder, speziell den Städtebildern.
Es ist ein hochwertiger Digitaldruck auf synthetischen, lichtechten und
wasserfesten Stoff.
Auf dem Original (100x100 cm) sind die Zeichnungen mit
einer Aale auf das Leder geritzt und dann mit einem
Stift nachgezeichnet. Der besondere Charakter des Leders und
die Farben konnten wunderbar auf den Stoff übertragen werden.
Die kleinen Figuren sind die „Trillis“. Sie
unterscheiden sich nur durch Symbole auf den Köpfen. Ich
selber bin immer das „Trilli“ mit dem Ginkgo-Blatt.
Das Erfurt-Bild entstand im Jahr 2012, als ich nach 25 Jahren
wieder in meine Heimatstadt Erfurt zurück
gezogen bin und somit nach den vielen Stationen meines Lebens
mit 62 Jahren wieder den Kreis geschlossen habe.
Sind es Zufälle, sind es Fügungen oder ist es ein
großer Plan, die unser Leben und eventuell auch die
Geschichte einer Stadt bestimmen? Ich möchte Ihnen
mein Bild mit der Frage:“ Was wäre
wenn?“ vorstellen.
Was wäre …
…wenn in der Sage „Die zwölf
Johannesse“ von den Brüdern Grimm nicht der letzte
von den 12 Schülern vom Teufel gerade auf den
Petersberg, damals Berbersberg genannt, heruntergeworfen worden
wäre und der traurige Frankenkönig dort eine Kapelle
gebaut hätte, denn damals war überall noch
schiffbares Wasser bis zu der Zeit, als an der Sachsenburg der
Stöpsel gezogen wurde?
…wenn der Missionar und Erzbischof BONIFACIUS im Jahre 742
nicht die heilige Eiche der heidnischen Völker im
Gebiet von Erfurt gefällt hätte, um ein Bistum zu
errichten?
…wenn KARL DER GROSSE im Jahr 805 Erfurt nicht zu
einem Grenzhandelspunkt des Fränkischen Reiches
bestimmt hätte, da Erfurt an dem Knotenpunkt der zwei
großen Handelsstraßen via regia und
Nürnberger Geleitstraße lag?
…wenn es im Jahr 1000 keine kaiserliche Schenkung der Stadt
Erfurt an das Erzbistum Mainz gegeben hätte?
…wenn Anbau und Handel der Färberpflanze
Waid den Erfurtern nicht so viel Reichtum gebracht hätte?
… wenn bei der Herstellung der Farbe Blau aus dem Waid nicht
gerade Männerurin zum Einweichen gebraucht worden
wären und die Erfurter Männer viel Bier trinken
hätten müssen, da das Wasser damals nicht rein genug
war?
…wenn man damals den Häusern keine Namen wie z.B.
Haus „Zum Güldenen Stern“ sondern Zahlen
gegeben hätte?
…wenn der wahrscheinlich 1300 geborene Till Eulenspiegel auf
der Flucht aus Prag nicht gerade in Erfurt Halt gemacht hätte,
um dort die Erfurter Gelehrten zu foppen, indem er mit ihnen wettete,
dass er einem Esel das Lesen beibringen könne und gewonnen
hätte?
…wenn man1392 nicht eine Universität
gegründet hätte und diese im 15.Jh. zum Zentrum des
Humanismus aufgestiegen wäre und somit zur Stätte des
ältesten deutschen Hochschulstudiums („studium
erfordense“) geworden wäre?
...wenn der bedeutendste deutsche Mystiker MEISTER ECKEHART
im Dominikanerkloster und in der Predigerkirche nicht über das
NUN und Gott und die Welt philosophiert hätte?
…wenn die alte Synagoge in der Waagegasse, deren Bau schon
1100 begonnen hatte, nach dem Progrom 1349 nicht als Lagerraum umgebaut
worden wäre und später aufgrund zahlreicher
Verbauungen im Dritten Reich nicht unerkannt geblieben
wäre ?
…wenn bei Bauarbeiten 1998 nicht zufällig ein
großer Schatz, zu dem auch ein wertvoller Hochzeitsring
gehört, gefunden worden wäre, den ein
wohlhabender Mann aus der jüdischen Gemeinde zur
Zeit des Progroms 1349 versteckt hatte? Da kein Jude das Morden
überlebte, erfuhr kein Erfurter von diesem Schatz.
...wenn 2007 Archäologen nicht die mittelalterliche
Mikwe (jüdisches Tauchbad zur rituellen Reinigung)
hinter der Krämerbrücke gefunden hätten?
…wenn der Arzt und Theologe Amplonius Rating de
Berka am 1. Mai 1412 nicht seine private Bibliothek mit 633
Büchern dem von ihm gestifteten Studienkolleg “ Zur
Himmelforte“ geschenkt hätte?
…wenn die Bibliothekarin Elfriede Trott im Jahr 1945 diese
Bibliothek nicht vor der sowjetischen Militärstelle
geschützt hätte?
…wenn die Orte Kapellendorf, Vieselbach, Vargula und Vippach
nicht zu den Besitzungen des alten Erfurt gehörten und keiner
dieses schöne Wappen geschaffen hätte?
…wenn 1505 Martin Luther bei einem Spaziergang in Hochheim
nicht einen Blitzschlag erlebt hätte, der seinen Freund
tötete?
… wenn es keine Apfelbäume gäbe?
… wenn eine englische Fliegerbombe Ende des
Zweiten Weltkrieges nicht in das Waisenhaus des
Augustinerklosters gefallen wäre und 267 dort Schutz
suchenden Menschen den Tod gebracht hätte ?
… wenn es an dieser Stelle keinen Raum der Stille
gäbe und dieser Ort seit 2008 ein Nagelkreuz-Zentrum geworden
wäre und somit zur Versöhnung der Völker
aufruft?
…wenn nach den vielen Stadtbränden der
Erfurter Rat nicht beschlossen hätte eine Steinbrücke
mit darauf befindlichen Fachwerkhäusern zu bauen, die 1325
fertiggestellt wurde und Krämerbrücke heißt?
…wenn es keine
Krämerbrückenstiftung gäbe, die
sich um die Pflege und den Erhalt der Brücke kümmert
und darüber wacht, dass Handwerker, Künstler und
Händler in den kleinen Läden den
malerischen Charme der Brücke bewahren?
…wenn es nicht den Kater Franz auf der Brücke
gegeben hätte?
…wenn die Figur des Römers auf dem Fischmarkt nicht
aus Stein wäre und wenigstens einmal eine Thüringer
Bratwurst gekostet hätte?
…wenn die Herausgeber der Bücher „Villen
in Erfurt“ u.v.a. Eberhard und Ruth Menzel im Jahr
2010 nicht den Erfurter Kunstbildner Osmar Trillhaase, der der
Ur-Großvater von Klaus-Eduard Trillhaase, dem Vater meiner
Kinder, ist und der 1932 in der Kreuzgasse 2 gestorben ist, nachdem er
zwölf Kinder und ein umfangreiches Werk aus Stein und Holz
hinterlassen hat, entdeckt hätten?
…wenn nicht die Mutter einer Freundin mir einen
Zeitungsartikel über Osmar Trillhaase nach Weimar
geschickt hätte?
…wenn der in Erfurt gebürtige Cousin von Osmar
Trillhaase, Adalbert Trillhaase, der als wohlhabender Mann in
Düsseldorf neben der Galerie der Mutter Ey gelebt hatte, nicht
den Maler Otto Pankok getroffen hätte, der ihn als
60jährigen Mann motiviert hatte im Jahr 1920 mit
Malen anzufangen und nun als bedeutendster naiver Maler
Deutschlands gilt?
…wenn meine Tochter Anita als kleines Mädchen
unseren ersten Kater Peter nicht an der Leine über den Platz
an der Predigerkirche geführt hätte?
…wenn es die Folkgruppe „Brummtopf“
nicht gegeben hätte, die bei den ersten
Krämerbrückenfesten spielte und drei der
Musiker heute noch leben würden?
…wenn ein drehbarer Käfig, in dem in alten Zeiten
auf dem Domplatz Lotterweiber und Diebe eingesperrt wurden,
nicht den Namen „Trillhäuschen“
hätte?
…wenn es nicht den heiligen Martin gegeben hätte,
der seinen Mantel teilte, um ihn einem Bettler zu geben?
…wenn es die vielen Wassermühlen und die klugen
Mühlenbauern nicht gegeben hätte, die die
Kraft des Flusses Gera zum Wohle der Stadt und der Müller
nutzbar gemacht hätten?
…wenn 1813 die Preußen nicht die Stadt beschossen
hätten und viele Häuser auf dem Domplatz für
immer verschwunden wären?
…wenn es das Puppentheater und das Cabaret „ Die
Arche“ im historischen Waidspeicher nicht
gäbe?
… wenn sich der Götterbote Hermes nicht
schützend um die Diebe und Händler kümmern
würde oder einmal seine geflügelten Schuhe verloren
hätte?
…wenn eine brave Holländerin nicht den Gerard von
Wou geboren hätte, der ein großer Glockenbauer wurde
und es 1497 in Erfurt geschafft hatte, die
drittgrößte Glocke der Welt mit ihrem Himmelsklang,
die Gloriosa, zu bauen?
…wenn sich der arme Künstler, der das leider jetzt
im verborgenen ruhende große Marien-Mosaik-Bild,
dass sich am hinteren Dom befand, nicht vom
Gerüst zu Tode gestürzt hätte,
weil er die eine Hand der Maria größer gemacht
hatte, als die andere?
… wenn die Erfurter Bürger ab dem 14. Jh.
nicht immer wieder die Lebensregeln des
Dichters Freidank, die auf große, runde Holztafeln
geschrieben wurden und im Erfurter Rathaus an den Wänden
hingen, gelesen hätten?
…wenn aus der kleinen Kapelle auf dem Petersberg nicht die
„Festung Peterberg“ mit der Pfeilerbasilika
entstanden wäre, in der im Mittelalter eine Anzahl von
Reichstagen stattfanden, und Kaiser Napoleon bei seinem wagemutigen
Ritt auf einer Mauer der Festung vielleicht abgestürzt
wäre?
…wenn der RICHTIGE Erfurter
Künstler Thomas Nicolai mit anderen Helfern nicht
die Kraft und den Willen gehabt hätten, das „Denkmal
für den unbekannten Wehrmachtsdeserteur“
am 1.September 1995 gegen viele Wiederstände im
Festungsgraben des Petersberges zu errichten?
…wenn es nicht die vielen großen und kleinen Leute
geben würde, die die Stadt geprägt haben (deren Namen
stehen im Kreis – es fehlen jedoch noch viele)?
…wenn nicht seit dem Sturz des zwölften
deutschen Schülers von der Himmelscheibe auf den Petersberg
nicht EINER oder EINE die schützenden Hände
auf den Dom und die Severi-Kirche und somit auf die Stadt Erfurt legen
würde?
Was wäre wenn…
…ich noch mehr Zeit und Leder hätte, um so viele
Bilder zu schaffen, auf denen ich all das mit meinen
„Trillis“ noch erzählen könnte,
was ich auf diesem Bild über meine Heimatstadt
Erfurt nicht geschafft habe?
Erfurt, den 2.April 2013